(Auszug aus einem Kochbuch von 1907)
Der Nahrungsreichtum der Eier steht dem der Milch wenig nach, es enthält fast alle Nahrungsstoffe, die der Mensch zu seiner Ernährung bedarf. Auch ist es wegen seiner verschiedenartigen Verwendung im Haushalte sozusagen unentbehrlich.
Wir verwenden in der Küche hauptsächlich Hühnereier, doch werden auch Gänse- und Enteneier zur Zubereitung unserer Speisen verwendet.
Die vorzüglichen Nahrungsstoffe sind: Eiweiss, Fett und Eisen; letzteres ist im Dotter enthalten, weshalb das Ei als Krankenkost für Blutarme empfohlen werden kann. Der Eidotter ist in der Küche wertvoller als das Eiweiss, weil er als Bindemittel bei Suppen, Saucen etc. dient. Das Eiweiss umschliesst den Dotter und ist von einem dünnen Häutchen umgeben. Es gerinnt in heissem Wasser sehr leicht. Wird das Eiweiss im natürlichen Zustande geschlagen, so bildet sich durch die eingeschlagene Luft Eierschnee, welcher als Lockerungsmittel verschiedener Speisen dient.
Um stets frische Eier zu haben, kaufe man nur so viel als man bedarf. Nur wenn die Legezeit zu Ende geht, kaufe man einen grösseren Vorrat, welcher aber sorgsam aufbewahrt werden muss. Da die Schale aus Kalk besteht und viele kleine Öffnungen hat, so kann einerseits Eiweiss und Wasser heraus – Luft und Feuchtigkeit auch hineindringen.
Man muss also vor allen Dingen die Luft abschliessen und erreicht dies am besten dadurch, dass man dieselben in eine Wasserglasmischung legt. Zu 200 Eiern rechnet man 1 Liter Wasserglas und 18 Liter Wasser. Diese Mischung giesst man über die vorher eingeschichteten Eier, von welchen durch die gallertartige Beschaffenheit der Wasserglaslösung die Luft abgehalten und die Haltbarkeit ermöglicht wird.
Damit die Eier gut haltbar bleiben ist folgendes zu beachten: Die Eier müssen über eine fehlerlose Schale verfügen, eine gute Wasserglaslösung wird erstellt (1 Liter Wasserglas auf 7-8 Liter Wasser) und die Eier waschen. Nur ganz frische Eier verwenden und sie sorgfältig mit der Spitze nach unten in einen Topf schichten. Wasserglas und Wasser mit einem Schwingbesen gut verrühren und sorgfältig über die Eier giessen. Die Lösung muss 5cm über den Eiern stehen. Den Topf zudecken und an einem kühlen, dunklen Ort aufbewahren.
Die alte Art des Einlegens in Kalkwasser ist einfach und sicher, weshalb sie am meisten Anwendung findet, doch büssen die Eier sehr an Geschmack ein, sind zum Kochen nur selten noch zu verwenden, da die dünn gewordene Schale leicht springt, auch lässt sich das Eiweiss selten noch zu Schnee schlagen.
Eine der einfachsten Aufbewahrungsarten besteht darin, die Eier auf durchlöcherte Brettchen zu stellen und wöchentlich zwei Mal zu wenden.
Zum Aufbewahren nimmt man am besten entweder Mai-Eier, da die Hühner in diesem Monat viel legen und die Eier dann billig sind; oder aber doch besser im August gelegte Eier, welche durch das in dem Erntemonat reichliche Körnerfutter besser und dadurch haltbarer sind.
Frische Eier kann man von schlechten leicht unterscheiden:
Das frische gute sinkt in schwachem Salzwasser zu Boden, während das schlechte Ei oben schwimmt (1/4 Liter Wasser, 3 Esslöffel Salz).
Es muss klar sein, wenn man es gegen das Licht hält, es sollen sich keine schwarzen Punkte zeigen.
Sie dürfen nicht schwappen, also noch mit dem völligen Inhalte angefüllt sein.
Die Eier müssen vor dem Gebrauche gut gewaschen werden, da sonst die unreinen Stoffe in das Ei dringen. Deshalb muss auch stets sehr reines Wasser zum Kochen der Eier genommen werden.
Das Springen der Eier beim Kochen: Dieses wird verhütet, wenn man dem Wasser vor dem Hineinlegen der Eier einige Prisen Salz zufügt. Sehr kalte Eier bringe man vor dem Kochen in warmes Wasser, damit nicht durch die plötzliche Hitze die Eierschale borstet.
Kocht man mehrere Eier, so bediene man sich eines Netzes oder eines grossen Seih-Löffels, damit die Eier gleichzeitig in das kochende Wasser kommen. Man kocht sie je nach der Grösse, weich in 2-3 Minuten; wachsweich in 4 1/2 – 6 Minuten und hart in 8-10 Minuten.
Will man gekochte Eier schälen, so lege man sie sofort nach dem Kochen in kaltes Wasser.
Zum Backen der Eier darf, da sie selbst viel Fett enthalten, nicht viel Fett verwendet werden.
Gebraucht man das rohe Ei zum Abrühren von Suppen etc., so schlägt man das Ei mit einem Esslöffel kaltem Wasser und giesst die heisse Flüssigkeit langsam zu, macht man es umgekehrt, dann gerinnt das Ei.
Beim Aufschlagen des Eies sei man vorsichtig und überzeuge sich durch den Geruch von seiner Güte, bevor man dasselbe zu einer anderen Speise gibt; durch eine geringe Menge eines schlechten Eies kann die ganze Speise verdorben werden, was nicht nur unangenehm, sondern auch ein grosser Schaden ist.
Wenn die Eier dumpfig riechen (was im Winter etwa vorkommt): so stelle man sie aufgeschlagen 10 Minuten ans offene Fenster, wodurch sie den Geruch verlieren.