(Auszüge aus mehreren Kochbüchern, das älteste aus 1907)
Was in unseren Körper eingeht, ihn aufbaut und ihm die zu seinem organischen Leben nötigen Energien bringt, ist Nahrung. Diese Nahrung kann richtig zusammengesetzt sein und den Körper gesund, leistungsfähig und gegen Krankheiten widerstandfähig machen, oder sie kann, wenn sie unrichtig ist, auf das Leben und seine Entwicklung hemmend einwirken und den Körper allmählich erkranken lassen.
Es ist ein wahres Wort, das sagt: „Der Mensch ist, was er isst.“ Die Nahrung erweckt die Arbeitskraft des Einzelnen. Es handelt sich darum, dem Körper wieder jene Stoffe zu ersetzen, die durch Leben und Tätigkeit verloren gehen. Hierzu sind ausser Luft, Wasser und Salz: Eiweiss, Fett, Stärkemehl und Zucker nötig. Diese müssen demnach alle in der Nahrung enthalten sein, wenn eine angemessene Ernährung stattfinden soll.
Denn satt würde der Mensch wohl auch, wenn er sich von Kartoffeln allein ernähren würde, aber gesund und kräftig könnte er bei dieser Nahrung ebenso wenig bleiben, als wenn er nur Eier ässe. Wohl würden die Körperteilchen, welche viel Stärkemehl bedürfen, bei Kartoffelnahrung, oder welche viel Eiweiss erfordern, bei Eiernahrung gut ersetzt, ja übermässig ausgebildet werden, andere aber, die sich aus anderen Bestandteilen zusammensetzen, würden verkümmern.
Unter allen Nahrungsmitteln finden wir kein einziges, welches alle zur Neubildung nötigen Stoffe, und noch weniger finden wir eins, welches letztere in richtiger Verteilung enthält. Es gilt also, die verschiedenen Nahrungsmittel so zusammenzustellen, dass sie nicht allein alle jene Stoffe enthalten, sondern auch dieselben in einer richtigen Mischung darbieten.
Deshalb ist es notwendig, bei der Zusammensetzung unserer Mahlzeiten darauf zu achten, dass, um ein richtiges Verhältnis zu erzielen, nahrhafte und weniger nahrhafte Nahrungsmittel sich gegenseitig ergänzen. Die Nahrungsmittel aus dem Tierreich, wie Fleisch, Fisch, Käse und Eier enthalten viel Eiweiss und Fett, aber keine Stärke, jene aus dem Pflanzenreich etwas Eiweiss und viel Stärke, aber fast kein Fett, wie Brot, Kartoffeln und Gemüse. Deshalb müssen bei richtiger Ernährung verschiedene Nahrungsmittel zusammen genossen werden, so gibt man zum Beispiel zu Kartoffeln Fleisch, Fisch oder Milch; zu Hülsenfrüchte Speck; zu Brot Butter, Schmalz, Käse oder Wurst; zu Salat oder Obst eine Mehlspeise, die mit Eiern hergestellt ist usw.
Welchen Nährwert ein Nahrungsmittel hat, hängt von seinem Gehalt an Eiweiss, Fett und Stärkemehl ab. Ein erwachsener Mensch muss bei mittelmässiger Arbeit täglich in der Nahrung 40g Eiweiss, 50g Fett und 500g Stärkemehl zu sich nehmen. Kinder und durch Krankheit Abgemagerte müssen, da sie an Gewicht zunehmen sollen, mehr Eiweissstoffe geniessen, wie dies bei kleinen Rindern durch die Milchnahrung geschieht.
Pflicht der Hausfrau ist es also, die Wahl der Nahrungsmittel so zu treffen, dass die Ernährung eine naturgemässe sei. Deshalb muss sie vor allen Dingen die Nahrungsmittel in Bezug auf ihren Nährwert kennen.
Doch genügt es nicht, dass die Speisen, die man geniesst, die nötige Menge Nährstoffe enthalten, sie müssen auch schmackhaft fein und gut verdaut werden können; denn nur das was wir verdauen geht in Fleisch und Blut über.
Wir haben also unsere Aufmerksamkeit noch auf diesen Punkt zu richten und die Nahrungsmittel dem Magen in einer solchen Form darzubieten, dass dessen Arbeit keine übermässig grosse ist, deshalb ist die Zubereitung der Nahrung von grosser Bedeutung.
Ebenso bedeutungsvoll ist es, dass Abwechslung in die Kost gebracht wird. Abwechslung ist geboten, weil sonst das Essen bald widersteht. Essen, das mit Widerwillen genommen wird, wird schlecht verdaut und bekommt nicht.
Aus obigem ergibt sich, dass die Hausfrau die Speisen so auswählen wird:
- Dass dieselben alle zum Aufbau unseres Körpers nötigen Stoffe enthalten,
- Dass dieselben in der richtigen Zusammensetzung dargeboten werden,
- Dass die Zubereitung geeignet ist, die Verdauung zu erleichtern,
- Dass dieselben in wechselnder Form geboten werden.