Anlässlich der Recherche zu Doazmol Band 6 über die Berggänger damals im Alpstein, entdeckten wir folgende kulinarische Passagen zum Glarner Schabzieger [die Bücher beschreiben die Ostschweizer Bergwelt und nicht nur den Alpstein]
“Den Hauptvortheil zieht das [Glarner]Land aus der Veredelung des Ziegers. So wie er von den Alpen kommt, gilt der Zentner nicht mehr als 5 bis 6 Gulden, zu grünem Käse verarbeitet kostet der Zentner in Glarus selbst 15 bis 16 ½ Gulden.
Diese Veredelung des gemeinen Ziegers, giebt den so berühmten und geschätzten Schabzieger, unter welchem Namen dieser aromatische stark riechende grüne Kräuterkäse überall in Europa bekannt ist.
Die Pflanze, welche mit dem weissen Zieger vermischt wird, und ihm Geruch, Geschmack und Farbe ertheilt, nennt der Glarner Gartenstrinkler oder Ziegerkraut; dies ist der blaue Klee (trifolium odoratum, trifolium melilotus coerulea, Lotus hortensis), und der wildwachsende Steinklee (trifolium melilotus officinalis). Dieser Klee wird in Gärten und auf Feldern ausgesäet und giebt in langen Sommern zwei Ernten.
Nachdem derselbe sorgfältig getrocknet worden ist, wird er gepulvert und gesiebt; auf diese Art bereitet das Pfund 22½ Kreuzer. Das meiste Ziegerkraut, welcher die Glarner verbrauchen, kaufen sie in der benachbarten Landschaft Mark.
Die Bereitung des grünen Käses ist folgende. Der weiche weisse und triefende Zieger wird in hanfenen Säcken auf Pferden aus den Sennhütten in die Dörfer gebracht, wo er in grosse Haufen übereinander geschüttet wird.
Sobald die Molken abgelaufen sind und der Zieger von aller wässerichten Flüssigkeit befreit ist, so geht die Vermischung mit dem feingesiebten Steinklee an.
Dies geschieht in eigenen dazu erbauten Mühlen (Ziegerreibenen genannt), welche vom Wasser getrieben werden; auf einem horizontal liegenden, unbeweglichen und mit einem hölzernen Rand umgebenen Mühlstein läuft ein anderer auf seiner Peripheriefläche stehend herum, und reibt den Zieger mit dem Kleepulver zusammen. Sobald beides hinreichend untergearbeitet ist, wird das weiche zähe Gemisch in die Käseformen stark eingedrückt, abgeebnet, und dann an luftige Orte gestellt; das Trocknen setzt man so lange fort, bis dieser grüne Käse genug Festigkeit erhalten hat, um sich schaben zu lassen.
Die Käseformen sind von der Weite eines Hutkopfs, 7 bis 8 Zoll hoch, und laufen nach oben konisch zu; ein solcher Käse wiegt 9 bis 10 Pfund.
Zum Verkauf wird der Schabzieger in Fässer gepackt, jedes Fass zu 40 Käse oder 4 Zentner.
Im Kanton Glarus sind neun Mühlen beschäftigt, diesen grünen Käse zu bereiten. Nirgends in der Schweiz versteht man ihn so gut zu machen wie hier, auch ist den Glarnern dieser Handel ausschliessend geblieben.
Es wird viel Erfahrung erfordert, um den gehörigen Grad der Trockenheit und Weichheit des weissen Ziegers, ehe er auf die Mühle gebracht wird, das gehörige Verhältnis des Kleepulvers zum Zieger, die hinreichende Zerreibung, und den nothwendigen Grad der Festigkeit des verfertigten Schabziegers genau zu treffen. Selbst im Kanton Glarus versteht einer dessen Bereitung besser wie der andere.
Wenn dieser Käse gut bleiben soll, so muss er seine Härte behalten und deswegen nicht an feuchten Oertern aufbewahrt werden.
Der Handel mit dem Schabzieger nach allen Ländern Europas und selbst übers Meer ist sehr ansehnlich. Wie viel Tausend Zentner jährlich ausgeführt werden, weiss man in Glarus selbst nicht, weil Zollabgaben und Rodel unbekannt sind. Die Angabe von einigen hundert tausend Zentnern Schabzieger, welche jährlich in Glarus bereitet werden sollen, wie ich irgendwo las, ist ein lächerlicher Irrthum, weil der ganze Ziegerertrag in den Kantonen Glarus, Schwiz, Zug, Unterwalden und Uri kaum hinreichend wäre, diese Zentnersumme grünen Käses zu bereiten. Die Käsehändler in Glarus kaufen allerdings die Milchprodukte mancher Sente bei den Schwizern und Urnern, allein es wird auch im Lande selbst ausserordentlich viel Zieger als magerer Käse verzehrt. Die höchste Summe der Schabziegerbereitung, welche man annehmen dürfte, wäre 23000 Zentner, das Ziegerprodukt der ganzen Alpenwirthschaft in Glarus während den 20 Sommerwochen; allein dies ist noch zu viel.
(Textauszug gefunden in „Schilderung des Gebirgsvolkes“ von Johann Gottfried Ebel, Pet. Phil. Wolfische Buchhandlung, Leipzig 1802)
“… Sie hat das besondere, dass man viele 100 Centner grünen Käs, oder Glarner Schabzieger in diesem Land verfertigt, und bis nach London und Petersburg in alle Provinzen Europens versendet.
Die Arbeit ist mehr mühsam und genau, als künstlich. Der Stoff ist der magere Zieger, den wir häufig in rohen Säcken frisch und triefend auf Saumpferden von den Alpen in die Dorfschaften führen sahen, und die Blätter von Steinklee, den die Glarner in Gärten und Feldern säen.
Dieses Ziegerkraut äussert seinen Geruch und Geschmack erst dürre; in langen Sommern lässt es sich zweimal pflanzen; auch die Anwohner des See bey Lachen pflanzen dergleichen.
Den Zieger lassen sie in grossen Haufen trocknen, indessen das Kraut zu Pulver gerieben und sorgfältig gesiebt wird.
Eigne Maschinen, die von Strömen durch Räder getrieben werden, und Ziegerreiber heissen, sind eingerichtet, die beyden Stoffe auf das Innigste zu vermischen und zu vereinigen; die vermischten Materialien werden in Formen geschüttet, in denselben fest gestossen, und an luftigen Orten getrocknet.
Es soll nicht geringe Erfahrung und Genauheit brauchen, die Steinkleeblätter zu sieben, den gehörigen Grad der Wärme und Trockenheit, die bestimmte Proportion der Theile, den Grad der Festigkeit des Ziegers u. s. w. genau zu treffen.
In denjenigen Senten, wo dieser hagere Zieger gemacht wird, wird die grösste Menge Butter verfertigt. Allein so viel nicht, dass nicht Glarus für manche tausend Gulden jährlich sich kaufen müsste.
Man überstreut damit nicht nur das Butterbrod, sondern in vielen Haushaltungen isst man ein Stückchen des Morgens nebst dem Brod zum Kaffee, oder des Mittags zu einem Glas Wein, auch wird er allgemein über die Mehlknöpflein gestreut, oder hie und da unter den gebratenen Erdäpfeln gekocht und verspiesen.”
(Textauszug, gefunden in „Archiv kleiner zerstreuter Reisebeschreibungen durch merkwürdige Gegenden der Schweiz“, Erster Band, 1796, St. Gallen Huberische Buchhandlung)
“Im Glarnerlande wird der Zieger in gegohrenem Zustande ins Thal gebracht, in bestimmten Mühlen mit der Blüthe und den Blättern des Melilottenklees vermischt und als Schabzieger, grüner Käse oder Kräuterkäse überall hin, besonders nach Russland, Holland und Nordamerika versandt.”
(Textauszug, gefunden „Das Thierleben der Alpenwelt“ von Friedrich von Tschudi, 1856, Verlagsbuchhandlung J.J. Weber, Leipzig)
Und hier ein Textauszug aus einer Schrift von 1938 (leider hatte ich mir nicht notiert, aus welcher Quelle sie stammt):