(Auszug aus “Das grosse Kräuterbuch” von Pfarrer Künzle, Auflage von 1945)
Neben Kuren mit reiner Rohdiät sind in den letzten Jahrzehnten gewisse Früchte- und Gemüsekuren, selbst bei der hohen Wissenschaft, zu Ansehen gekommen. Beeren (z.B. Erdbeeren), Trauben, Äpfel oder Sauerkraut – stets roh – werden eine Weile in genau bemessener Menge täglich genossen und drängen die anderen Nahrungsmittel entsprechend zurück, schalten auch das eine oder andere ganz aus.
Beliebt sind heute Traubenkuren, zumal in guten Weinjahren, wo der Traubensaft ansehnliche Mengen des für die Kur wichtigsten Bestandteils, des Traubenzuckers, enthält. Die Traubenkuren begegnen zwar immer noch manchem Zweifel. Verordnet man sie denn nicht das eine Mal gegen, das andere Mal zur Abmagerung?
Klären wir diesen befremdlichen Widerspruch zuerst auf. Die wirkenden Bestandteile der Weinbeere regt die Darmtätigkeit an, entzieht Wasser, laugt aus – daher Abnahme des Körpergewichts. Der Traubenzucker wird besonders leicht und rasch vom Blut aufgenommen, begünstigt so das Aufspeichern von Fett und Eiweiss, geringe Mengen Säure fördern den Appetit – daher Gewichtszunahme.
Beim Traubenessen ist es also umgekehrt wie sonst beim Essen: wenig essen macht dick, viel essen macht mager.
Entsprechend gibt man bei der „grossen Kur“ täglich 3-4 kg nicht zu süsser Trauben und empfiehlt sie bei Fettleibigkeit, Darmträgheit etc.
Bei der „kleinen Kur“ isst man täglich nur 1-2 kg ganz süsser Trauben mit geringem Säuregehalt; sie hat guten Einfluss auf Blutarmut, Schwächezustände etc.
Während der ganzen 3-5 wöchigen Kur sind alle fetten und schwer verdaulichen Speisen, hartes Fleisch, Käse, blähendes Gemüse und Salat zu meiden; Bier ist streng verboten.
Gewöhnlich gibt man die Tagesmenge in drei gleichen Teilen: die erste morgens nüchtern, am besten ohne Brot, etwa eine Stunde vor dem Frühstück; die zweite eine Stunde vor dem Mittagessen und die dritte im gleichen Abstand vom Nachtessen.
Es versteht sich von selbst, dass die Früchte gründlich zu waschen sind, ehe man sie isst.
Wichtig ist auch, dass man nach jeder Traubenmahlzeit den Mund gründlich spült und die Zähne putzt zum Schutze gegen die Weinsäure, die sonst Entzündungen an der Mundschleimhaut hervorruft und die Zähne stumpf macht.
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